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Widerkehr, Johann Georg (1647–1724)

 
 

J.G. WK pin.

 
* 14.8.1647 Mellingen (Taufe), † 10.1.1724 Mellingen; Heimatort: Mellingen.

Maler. Malerei.

 

 
 

Bildnis Johann Georg Widerkehr, 1722

 

Johann Georg Widerkehr kam als Sohn des Hans Kaspar und der Margareta Widerkehr-Stern zur Welt. Margaretas Großvater Jakob Stern d. Ä. war kunsthandwerklich als Maurer und Steinmetz tätig gewesen. Ab 1665 war Hans Georg als Tischmacherlehrling im Kloster St. Urban. Eine Pietà im Kloster Wettingen aus dem Jahr 1669 ist vermutlich von seiner Hand. Im Kloster St. Urban wirkte der Mellinger Bürger Edmund Schnyder von 1644 bis 1677 als Abt. Dieser ermöglichte Widerkehr mit einem Stipendium vor allem in Mailand und Rom eine Ausbildung zum Kirchenmaler. Im Staatsarchiv Luzern haben sich zehn an Abt Edmund und andere Personen zwischen Juni 1673 und März 1675 gerichtete Briefe erhalten. Dank diesen Briefen erhalten wir Kenntnis über die Geldnöte des Italienreisenden. Im Frühjahr 1674 übersiedelte er mit einem Empfehlungsschreiben des Abtes an den Kommandanten der Schweizergarde von Mailand nach Rom. Spätesten 1676 war er wieder in der Schweiz, da er dann für die neuerbaute Stadtkirche Mellingen eine heute verschollene Kirchenfahne mit Christus am Ölberg und Kreuzigung erschaffen hatte.

 

 
 

Pietà, Hauptblatt am Hochaltar der Pfarrkirche Niederwil

 

Von 1678–1682 schuf er für das Kloster St. Urban die verschollene Gemäldefolge "Legende des heiligen Bernhard", die zuerst im Kreuzgang hing, später in den Gängen, wo sich die Mönchszellen befinden. 1679 erhielt er von den Stadtbehörden Mellingen den Auftrag, die Altartafeln für den Hochaltar und die Seitenaltäre der Stadtkirche zu malen. Bei der Umgestaltung 1830 wurden diese entfernt. Das Hauptgemälde am Altar der Marienkapelle im Kloster Wettingen sowie das Oberblatt von 1682 werden Widerkehr zugeschrieben. 1683 schuf er Gemälde für die Marienkapelle Langnau in der Gemeinde Reiden. Diese gelangten 1972 als Hauptblätter der Seitenaltäre in die Pfarrkirche Oberiberg. 1683 verheiratete er sich mit Maria Barbara Müller, mit der er 5 Kinder hatte. Zwischen 1688–1724 war er im Mellinger Rat,  und zwischen 1686 und 1722 10 Jahre Schultheiss von Mellingen. Um 1690 schuf er die lebensgroßen Heiligenbilder an der linken, fensterlosen Wand im Schiff der Klosterkirche Gnadenthal in seiner typischen Hell-Dunkel-Manier. Im Kirchenschatz Oberrohrdorf werden zwei Bilder aus der Zeit um 1680/90 aufbewahrt. 1695 fertigte er das Hauptblatt auf dem Hochaltar in der Pfarrkirche Niederwil; er unterschrieb mit dem Schriftzug "J.G. WK pin. 1695". Drei Bilder aus der Zeit um 1700 im Kloster Wettingen-Mehrerau werden ihm zugeschrieben. Um 1714 verheiratete er sich ein zweites Mal, mit Elisabeth Meyer. 1714/15 schuf er ein heute verschollenes Bildnis des Abtes Plazidus Zurlauben von Muri. 1719/1720 war er für das Benediktinerkloster Engelberg tätig, wovon nichts mehr vorhanden ist. 1728 fertigte er ein anderes heute verschollenes Abtsbildnis für das Benediktinerkloster Muri. Im Heimatmuseum Mellingen befindet sich noch eine Totenfahne aus seiner Hand.

Seine Brüder Johann Adam und Johann Balthasar waren auch künstlerisch tätig gewesen.

Quelle und Schrift:

Kunz Konrad, Die zwei Künstlergeschlechter der Widerkehr aus Mellingen, Vaterland 1921, Nr. 62/63;

Nüssli Albert, [Johann Georg Widerkehr,] Schultheiß und Künstler, Der Reussbote 30.12.1964;

Wicki Theophil, Das Hochaltarbild in Niederwil, Der Reussbote 30.12.1964;

Stöckli Rainer, Die Totenfahne des Mellinger Malers Johann Georg Widerkehr, Mellinger Städtlichronik 1992;

Stöckli Rainer, Der Mellinger Kunstmaler Johann Georg Widerkehr, Mellinger Städtlichronik 2010.

 

19. Brachet 2013

Stand: 11.03.20